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TMF begrüßt einheitliches Verfahren für Ethikvoten in multizentrischen Studien

21.06.2024 14:07
Die TMF – Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. begrüßt die Einrichtung eines einheitlichen Verfahrens für Ethikvoten in multizentrischen medizinischen Studien. Wie die Bundesärztekammer (BÄK) und der Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (AKEK) am 20. Juni 2024 berichten, soll zukünftig ein Verfahren zur bundesweiten Vereinheitlichung der berufsrechtlichen Beratung von Forschungsvorhaben gelten. Demnach werde für multizentrische medizinische Studien ein einziges Votum einer nach Landesrecht eingerichteten Ethik-Kommission ausreichen.

Die BÄK und der AKEK greifen damit ein dringendes Anliegen aus Wissenschaft und Industrie auf und schaffen die Voraussetzungen für eine Verfahrensanpassung. Mit der Harmonisierung der gemäß ärztlichem Berufsrecht beratenen Studien wird aus Sicht der TMF ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Forschungsstandort Deutschland geleistet. Der Verfahrensvorschlag wurde vom AKEK in seiner Mitgliederversammlung vom 14. Juni 2024 sowie vom BÄK-Vorstand am 15. Juni 2024 beschlossen.

Bedarf für Harmonisierung, Verbindlichkeit, Schwerpunktbildung und effiziente Arbeitsteilung

Die Einführung des neuen Verfahrens reduziert nicht nur den Aufwand für Antragsteller multizentrischer Studien erheblich, sondern trägt auch zur Standardisierung der Bewertungsmaßstäbe bei. Damit könnten meterhohe Papierstapel zur Beantragung von Ethikvoten für multizentrische Studien und Register bald der Vergangenheit angehören. „Bei großen Verbundforschungsvorhaben wie dem AKTIN-Notaufnahmeregister oder dem Nationalen Obduktionsregister (NAREG) müssen teilweise über 50 Ethik-Kommissionen über eine Datennutzung entscheiden. Dabei verlangen die Ethik-Kommissionen häufig unterschiedliche Unterlagen und es kommt regelmäßig zu widersprüchlichen Voten. Dadurch wird nicht nur die Forschung teilweise um mehrere Monate verzögert, es verbraucht auch unnötig Zeit der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie der ehrenamtlichen Mitglieder in den Ethik-Kommissionen – und das ohne zur Qualität und Sicherheit der Forschung beizutragen. Der Handlungsbedarf für mehr Harmonisierung, Verbindlichkeit, Schwerpunktbildung und effiziente Arbeitsteilung bei der ethischen Bewertung von Studien war erheblich“, unterstreicht der TMF-Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. Rainer Röhrig die Notwendigkeit einer Änderung. „Der Beschluss des AKEK und der BÄK ist wegweisend: Er trägt zu einer Entlastung der Forschenden bei“, so Röhrig. „Die zu erwartende Entlastung der Ethik-Kommissionen führt auch dazu, dass mehr Zeit für einzelne Anträge zur Verfügung steht und so die Qualität und die Sicherheit der Forschung verbessert wird.“

Vereinfachung des Ethikvotums ist Grundlage für schnellere Innovationen

Wie in der gemeinsam von TMF, Deutsche Hochschulmedizin und Netzwerk Universitätsmedizin erarbeiteten Stellungnahme zum Medizinforschungsgesetz gefordert, trägt eine vereinfachte Antragstellung für klinische Studien nicht nur zu einer besseren Patientenversorgung bei, sondern legt auch die Grundlage für spätere pharmazeutische und medizintechnische Innovationen.

„Durch die Harmonisierung der Bewertungen nationaler Ethik-Kommissionen, auch unter Berücksichtigung der Herangehensweise in anderen europäischen Ländern, sowie die verbindliche Umsetzung dieser harmonisierten Festlegungen stärken wir den Forschungsstandort Deutschland erheblich“, erläutert TMF-Geschäftsführer Sebastian C. Semler. „Zudem ist der Vorschlag ein wichtiger Beitrag zur Entbürokratisierung – ein nicht unwichtiger Aspekt in Zeiten knapper werdender Arbeitskraftressourcen.“

Die TMF spricht sich explizit für die Spezialisierung einzelner Ethik-Kommissionen auf definierte Verfahren und Studientypen sowie die Einrichtung einer Ombudsstelle aus, die Abweichungen von den Vorgaben des AKEK erfasst, und bei Bedarf intervenieren kann.

Durch diese Harmonisierung innerhalb des AKEK und Identifizierung von spezialisierten lokalen Ethik-Kommissionen werden die lokalen Ethikkommissionen (zum Beispiel an Universitäten) gestärkt und andererseits die Beratung der Forschenden am Standort bzw. bei speziellen Fragestellungen durch einige wenige spezialisierte Ethik-Kommissionen deutlich verbessert.

Bundesethikkommission ist obsolet

Die konsequente Umsetzung dieser Empfehlungen würde die Schaffung einer weiteren Ethik-Kommission, die wiederum neue Herausforderungen in der Harmonisierung schaffen würde, obsolet machen. Plant der Gesetzgeber, entgegen dieser Empfehlung an einer „Spezialisierten Ethik-Kommission für besondere Verfahren“ festzuhalten, so wäre es sinnvoll, diese deutlich stärker als bislang vorgesehen in die bestehende Systematik einzubinden, um parallele, entkoppelte Wege der ethischen Bewertung in Deutschland zu vermeiden.