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Lauterbach: „Moonshot“-Strategie bei klinischen Studien

01.07.2024 16:35
Am 27. Juni sprach der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach beim Hauptstadkongress Medizin und Gesundheit über das Medizinforschungsgesetz, das in der ersten Juli-Woche im Bundestag beschlossen werden soll.

„Deutschland verliert den Anschluss bei klinischen Studien“, stellte der zugeschaltete Minister in seinen Ausführungen zum Gesetz fest. Die Lücke zwischen der sehr innovativen Grundlagenforschung in Deutschland und der Weiterentwicklung in Arzneimittel sei zu groß. Andere Länder wie Spanien oder Belgien zögen bei der Durchführung von klinischen Studien an Deutschland vorbei. „Als wir das Medizinforschungsgesetz entwickelt haben, haben wir die Begrifflichkeit genutzt, dass wir eine Moonshot-Strategie versuchen“, so der Minister. Unter Federführung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sollen klinische Studien „schnell, gründlich und auch preiswerter als bisher“ durchgeführt werden können. Die Auswertung von Anträgen für klinische Studien soll künftig auf 26 Tage befristet sein. „Dann ist der Moonshot erreicht“, so der Minister. Das Gesetz sei insgesamt ein „Meilenstein“ für die Forschung in Deutschland, aber auch in Europa, indem man „neue Maßstäbe“ setze.

„Ganz neue Medizin“ möglich durch Kombination von KI und Medizinforschung

Lauterbach verwies insbesondere auf die enge Zusammenarbeit mit Praktikern aus der Wissenschaft einerseits, aber auch auf die enge Abstimmung mit den Bundesländern andererseits. In der Kombination von Künstlicher Intelligenz (KI) und klinischer Forschung sieht der Minister beeindruckende Möglichkeiten. „Wir werden in die Lage versetzt, Proteinstrukturen vorherzusagen, wir werden sehen, bei welchem Patienten welche Antikörper besonders gut wirken. Vieles, was bislang nicht möglich ist, wird möglich sein“, sagte der Minister. Langfristig werde man „eine ganz neue Medizin“ sehen. Das Medizinforschungsgesetz sei daher ohne den Aspekt der Digitalisierung nicht denkbar. Durch die digitale Patientenakte könnten künftig jeden Tag Daten generiert werden, die beispielsweise mit Registern wie Krebsregistern oder Genomprojekten sowie Datensätzen von Krankenkassen kombiniert werden könnten. Mithilfe von KI-Verfahren könnten auf der Basis Studien-Hypothesen aufgebaut werden. Mit Blick auf das Thema Datenschutz betonte der Minister, dass die Daten „nie die sichere Umgebung verlassen, so dass ein Datenmissbrauch weitestgehend ausgeschlossen“ sei.

Prof. Dr. Jens Scholz, wissenschaftlicher Leiter des Forums Spitzenmedizin auf dem Hauptstadtkongress, sieht mit dem Gesetz die Voraussetzungen gegeben, dass „Deutschland wieder ganz vorne mitspielen“ könne bei der medizinischen Forschung. Er verwies darauf, dass gerade während der Corona-Pandemie die Nachteile des bisherigen Vorgehens deutlich wurden, da andere Länder in der Zeit sehr schnell epidemologische Daten erheben konnten, was in Deutschland gar nicht möglich war – insbesondere aus Datenschutzgründen. Er wies im Hinblick auf das Gesetz darauf hin, dass es wünschenswert wäre, wenn künftig die komplette gesundheitliche Karriere eines Menschen verfolgbar wäre, um daraus Erkenntnisse zu sammeln. Dem stimmte der Bundesgesundheitsminister zu: „Jeder Mensch braucht eine Gesundheitsidentität“, sagte Lauterbach. Auf der Basis könne es auch möglich werden, Patienten Nachrichten zukommen zu lassen, etwa wenn es um Unverträglichkeiten von Arzneimitteln gehe.